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Weiteres über die Tierreste in Meteoriten.

Von Dr. D. F. Weinland

Die kritischen Bemerkungen, die Herr A. Rzehak aus Brünn in dieser Zeitschrift Nr. 20 über die Organismen der Meteorit veröffentlichte, veranlassen mich noch zu einigen Worten in dieser Sache, da Herr Rzehak ausdrücklich sich auf meine Notizen über Korallen in Meteoriten in Nr. 16 dieses Organs bezieht.

Es ist sehr begreiflich, dass der Mineraloge, sobald es sich um einen „Stein“ handelt, zunächst sein Recht darauf wahrt und die Deutung der Entstehung desselben, sowie seiner Form, im Großen und im Kleinen, als seine Aufgabe beansprucht. Niemand wird ihm das bestreiten, und wenn und solange er mit einer klaren, wissenschaftlich begreiflichen Erklärung zu Stande kommt, wird jeder gerne demselben Glauben schenken. Sobald aber die mineralogische Deutung eines „Steins“ sehr schwierig wird, wie dies wohl betreffs der Chondren der Meteorit allseitig zugegeben wird, so liegt die Gefahr einer künstlichen, gezwungenen Deutung sehr nahe, während vielleicht ein anderes naturwissenschaftliches Fach eine sehr natürliche und die allein richtige Erklärung geben könnte. Denken wir an die Geschichte der Petrefaktenkunde. Ist es doch noch gar nicht so lange her, dass man versuchte, die versteinerten Tierreste, eben weil es Steine waren, auf alle mögliche Weise, sogar als „Naturspiele“, nur nicht auf die natürlichste und allein richtige Art zu erklären, — bis die Zoologie die Sache in die Hand nahm und die Paläontologie schuf, bekanntlich nicht ohne anfängliche heftige Widersprüche. Man denke nur an die „rires unanimes“ der von Herrn Rzehak angerufenen französischen Akademie, als Cuvier im Anfang dieses Jahrhunderts dort die fossilen Elefanten begründete. Ganz ebenso wird es mit den Chondritmeteoriten und ihren Einschlüssen ergehen. Aber es werden keine zehn Jahre vorüber sein und wir werden eine kleine, allseitig anerkannte Fauna der Meteorit besitzen. Das scheint vielleicht heute noch ein gewagtes Wort, aber meine Fachgenoffen, die mich seit fünfundzwanzig Jahren kennen, werden wohl glauben, dass ich diese meine Überzeugung nicht leichthin ausspreche. — Doch zur Sache.

Das Dr. Hahn'sche Meteoritenwerk, das sich auf hunderte von Meteoritenschliffen, die von achtzehn verschiedenen Meteorfällen herrühren, gründet und das eine erste deutsche Autorität, Professor R. [?], „mag die Deutung sein, welche sie will, ein ausgezeichnetes Prachtwerk von größtem, wissenschaftlichem Nutzen“ nennt, versucht Herr Rzehak aus Brünn kurz abzutun zunächst mit Berufung auf einen französischen Mineralogen, der früher gleichfalls über Meteoriten schrieb und sich natürlich von Dr. Hahn, dem „savant allemand“, der, wenn auch ein allseitig anerkannter, tüchtiger Mineraloge und ausgezeichneter Mikroskopiker, doch nicht eigentlich Fachmann von Profession ist, — die Mangelhaftigkeit seiner Beobachtungen und besonders seiner Abbildungen nicht gerne nachweisen lassen konnte. Sodann bereust sich Herr Rzehak des Weiteren auf seine eigenen Beobachtungen an einigen wenigen Meteoritenschliffen von dem Fall von Tieschitz in Mähren, in denen er alles Material gefunden zu haben glaubt, um das ganze Werk von Dr. Hahn ad absurdum zu führen. —

Gewiss ist jeder Fachmann zuerst mit großen Zweifeln an dieses Werk herangetreten. Die Sache kam zu unerwartet. Manche der von Hahn abgebildeten Formen mussten zwar jedem Kenner der mikroskopischen, tierischen Struktur sofort als typisch organisch auffallen, aber die Herkunft der Gebilde ebenso sehr zur Vorsicht mahnen. So hat denn auch unsren Wissens kein deutscher Forscher bis jetzt ein unbedingtes, positives oder negatives Urteil, zumal öffentlich, lediglich nach Ansicht des Werkes, ohne Einsichtnahme der Objekte selbst, auszusprechen gewagt. —

Die oben berührten Notizen im „Ausland“ über Korallen in Meteoriten wurden von mir geschrieben, als ich erst einige wenige, speziell von mir gewünschte Schliffe studiert hatte. Nachdem ich nun seitdem die reiche Hahn'sche Meteoritensammlung seit Monaten zu meiner Verfügung gehabt, hatte ich nicht nur Gelegenheit, die von ihm abgebildeten, sondern auch eine größere Anzahl neuer, speziell für den Zoologen noch weit beweisender er Stücke zu finden. Die Tatsache, dass wir es bei den Chondritmeteoriten, bei den einen weniger, bei den anderen mehr, mit einer Menge organischer Einschlüsse und zwar ganz verschiedenen Familien, ja Klassen angehöriger, tierischer Reste zu tun haben, steht über jeden Zweifel erhaben. Eine kurze Zusammenstellung der Resultate meiner bisherigen Studien, in der ich eine Anzahl von Gattungen und Arten kurz charakterisieren, auch einige Abbildungen beigeben werde, soll im Laufe des Sommers in der Leopoldina erscheinen und liegt bereits bei dieser Akademie. Eine größere Arbeit für die Acta derselben Akademie, mit ausführlichen Strukturbeschreibungen und Zeichnungen ist in Vorbereitung. Auf diese beiden könnte ich füglich verweisen, allein in unserer schnelllebigen Zeit lässt man sich nicht gerne auf Zukünftiges vertrösten, darum erlaube ich mir, hier sogleich noch einiges anzuführen, schicke aber ausdrücklich voraus, dass mein Standpunkt in der Sache ein vollkommen unparteiischer ist, dass ich mich in meiner Deutung der Formen und der Resultate in keiner Weise durch die früheren Deutungen Dr. Hahns in seinem Meteoritenwerke oder seine Schlussfolgerungen gebunden fühle, worüber ich mich auch mit meinem Freunde Dr. Hahn vollkommen verständigt habe, als ich in die zoologische Bearbeitung seiner Entdeckung eintrat. Für mich handelte es sich von Anfang an lediglich um die Fragen: Sind die betreffenden Gebilde organische Formen, welcher Art sind sie, verglichen mit den irdischen und auf welche unmittelbare Folgerungen lässt ihre Anwesenheit in den Meteoriten für die Herkunft dieser selbst schließen?

Nun einige Punkte:

  1. Die verschiedenen Chondritmeteoriten sind sehr ungleich reich an organischen Gebilden, manche bestehen zu zwei Dritteilen oder mehr daraus. In der Regel sind es kleinere oder größere Bruchstücke und meist erst, wenn man eine größere Anzahl von Schliffen durchmustert hat, findet man die Zusammengehörigkeit der verschiedenen Gebilde heraus, ganz wie es bekanntlich auch bei selteneren irdischen Petrefakten der Fall ist. „Prachtexemplare von Organismen“, wie Herr Rzehak sie gleich in seinen ersten und einzigen Mährischen Schliffen gefunden, find leider ziemlich selten. Wir haben deren in unseren sechshundert Schliffen nur vielleicht ein Dutzend. Unter solchen verstehe ich nämlich vor allem jene Formen, wo ein großer Teil der äußeren Konturen des tierischen Organismus zugleich mit der inneren Struktur zur Anschauung kommt. So habe ich z. B. eine Schwammform gefunden, und zwar gerade diese in einer Anzahl von Stücken, wo nicht nur die äußere Form, ein flacher, nach allen Seiten hin abgerundeter Lappen, sondern auch durch zufällige, glückliche Schliffe, die poröse Rindenschicht des Schwammes von oben und im Durchschnitt, sodann das Maschenskelet des Gastrovascularsystems, das den Schwamm ausfüllt, aufs vollkommenste erhalten ist, so gut wie in irgend einem irdischen Petrefakt. Diese Formen gedenke ich — mit Verlaub des Herrn Rzehak, dem meinem Gattungsnamen Hahnia nicht besonders zu gefallen scheint, — Pectiscus zu nennen. Anderen Schwammformen, gleichfalls in großer Anzahl, aber mit einer anderen, feineren Rindenschicht, auch einem anderen, sehr merkwürdigen, sternförmige Maschen bildenden, Gastrovascularsystem werde ich den Namen Urania zu belassen vorschlagen, den Hahn ursprünglich für diese Form geschaffen, freilich, als er diese Gebilde alle noch für Pflanzen ansah, woran Herr Rzehak so großen Anstoß nimmt, vielleicht aber meinen Freund Dr. Hahn eher entschuldigt, wenn er sich erinnert, dass die Schwämme noch im Anfang diese Jahrhunderts von vielen tüchtigen Forschern für Pflanzen erklärt wurden. Ich erlaube mir, hier überdies anzufügen, dass für Dr. Hahn, wie er ausdrücklich in seinem Buche erklärt, die zoologische Einreihung seiner Formen nicht die Hauptsache war und nicht sein konnte, weil er eben in der Zoologie nicht Fachmann ist. Ihm war es nur darum zu tun, nachzuweisen, dass organische Gebilde in den Meteoriten vorhanden find und dies ist und bleibt sein großes und bedeutungsvolles Verdienst, mag es mit seinen zoologischen Deutungen, besonders von Krinoiden u. f. w., denen ich durchaus nicht überall folgen kann, gehen, wie es will.

  2. Es handelt sich durchaus nicht allein, wie Herr Rzehak anzunehmen scheint, um die Erklärung jener von Direktor Gümbel schon so gut beschriebenen, faserigen oder säulchenförmigen Gebilde, die Herr Rzehak in seinen Mährischen Meteoriten auch gefunden, ja sogar in einem fraglichen Feldspat beobachtet haben will, und deren Querscheidewände er für „Querklüfte“ erklärt (unsere Instrumente zeigen aber nicht Klüfte, sondern deutliche, körperliche Scheidenwände), vielmehr außer ihnen noch um eine große Anzahl anderer, ganz verschiedener Gebilde, die mit jenen faserigen (d. h. in Wirklichkeit in parallelen Röhren angeordneten) nicht das mindeste zu tun haben, z. B. neben den vorhin erwähnten Schwammformen Pectiscus und Urania noch um ein hahnenkammförmiges Gebilde, das wohl zu den Foraminiferen gehören wird und uns aufs lebhafteste an die Carpenteria rhaphidodendron von Möbius erinnert, weiter um facettierte Kügelchen, die aus Kieselbälkchen regelmäßig über einander geschichtet find, welche Bälkchen selbst hohl und mit Löchelchen versehen find und die ich nur mit jenen zierlichen Radiolarienskeleten vergleichen kann, wie sie Häckel in seinem schönen Werke abgebildet. (Dr. Hahn hatte sie vorläufig zu den Krinoiden gestellt. Über die übrigen, sogenannten Krinoiden Hahns, die unserem Herrn Rzehak ganz besonders zu schaffen machen, werde ich am betreffenden Orte ausführlicher referieren). Weiter handelt es sich um andere, wahrscheinlich auch zu den Radiolarien gehörigen Formen, deren Kieselbälkchen in der Peripherie in ein Maschennetz übergehen, sodann wieder um andere schildförmige, deren Beschreibung ohne Abbildungen doch keine klaren Begriffe geben würde u. f. f.

  3. Der erste Eindruck, den man bei der Messung dieser Meteoritformen erhält, ist der einer außerordentlichen Kleinheit, wie schon Hahn hervorhob und wie ich dies auch in jenen, meinen ersten Notizen im „Ausland“ bemerkt habe. Seit aber eine größere Anzahl der Formen als Foraminiferen und Radiolarien erkannt find, deren Größe ganz gut zu der der irdischen Formen stimmt, bleiben eigentlich nur noch die Korallen der Meteorit als ungewöhnlich kleine Gebilde übrig. Doch auch bei diesen ist das Verhältnis kein so ganz außerordentliches. Auch von irdischen Korallen kennt man Kelche von 1 ja sogar 1/2 mm Durchmesser, während die der Meteorit bis zu 0,1 mm messen. Ebenso gibt es auch von irdischen Schwämmen bekanntlich mikroskopisch kleine Arten. Wenn wir außerdem bedenken, dass wir bei diesen Meteoriten immer nur mit Dünnschliffen arbeiten, so ist verständlich, dass größere Formen nicht leicht — auch nur als Bruchstücke — gut zahllosen Struktursetzen, die wir in den Schliffen beobachten, größeren Formen angehören dürften.

  4. Ein großes Missverständnis wäre die Annahme, die mir kürzlich in einem Briefe eines bedeutenden Schriftstellers entgegentrat und die vielleicht auch Anderen, welche die Zusammensetzung der Chondritmeteoriten nicht kennen, sich nahe gelegt haben möchte, dass nämlich jene organischen Formen Reste niederer Tiere sein könnten, die außen auf der Oberfläche jener Meteoriten während ihres Laufes durch den Weltraum entstanden wären. Dies ist natürlich durchaus nicht der Fall. Jene Gebilde sind vielmehr Einschlüsse in den Meteoriten. Es sind Petrefakten, nichts anderes und die Chondritmeteoriten selbst erscheinen uns bis jetzt in der Tat lediglich als Petrefaktenführende Felstrümmer eines fremden Weltkörpers, aber wahrlich als solche interessant genug. —

Herrn Rzehak aus Brünn aber ersuchen wir freundlichst, ehe er sich weiter in der Sache vernehmen lässt, entweder um gütige Einsichtnahme unserer Schliffe selbst oder aber — um geduldiges Weiterschleifen und dann um Weitermikroskopieren, wie Hahn und Ich es Monate lang getan. Wer weiß, er wird dann vielleicht auf die eine oder andere Art ein Verfechter der Hahn'schen Entdeckung, wie es erst vor kurzem ein wohlbekannter süddeutscher Mineraloge und Paläontologe an meinem Mikroskop geworden.


Bei der ungeheuren Wichtigkeit, welche die in Obigem erörterte Frage für die moderne Naturwissenschaft besitzt und dem regen Interesse, welches die Diskussion darüber in den beteiligten Kreisen erregt, glaubt die Redaktion den vorstehenden Ausführungen Dr. Weinlands die folgenden Bemerkungen Dr. O. Hahns selbst unmittelbar anreihen zu sollen. Dr. O. Hahn schreibt:

In der Nr. 20 des „Auslands“ tritt Herr Anton Rzehak in Brünn gegen die „Organismen der Meteorit“ auf.

Seine Beweise sind in der Hauptsache folgende:

  1. Die Akademie in Paris hat die Sache nicht anerkannt.

  2. Die Merkmale eines organischen Wesens find von Hahn nicht richtig angegeben, weil — zwei der fünf von ihm angegebenen Merkmale für sich noch kein Beweis eines Organismus find.

  3. Es gibt — und hier beruft sich Herr Rzehak auf ein mit einem Fragezeichen versehenes Mineral (Feldspat?) welches einen ziemlich deutlichen, säuligen Bau, aber freilich in diesen Säulen keine radiale Anordnung habe — auch Röhrenbildungen im Mineralreich, also müssen, schließt er, die Röhren in den Chondriten nicht notwendig organischen Ursprungs sein.

  4. Enstatit und Turmalin haben Querklüfte, welche leicht mit Querscheidewänden von Organismen verwechselt worden sein können.

  5. In dem Mineral „Feldspat (?)“ sah Herr Rzehak mehrere in einer Längsreihe geordnete Einschlüsse: folglich sind, schließt er, „offenbar“ solche Einschlüsse in Chondritmineralien irrtümlich für „Perforationen“ gehalten worden.

  6. Auch Hagelkörner kommen vor, welche Ähnlichkeit mit der Struktur der Chondrit haben. (Gümbel.)

Was weiter vorgebracht ist, ist bloß Kritik von Schlussfolgerungen, welche ich deshalb bei Seite lasse, weil, wenn meine Tatsachen richtig sind, diese Kritik von selbst fällt.

Was nun die Autorität der Pariser Akademie betrifft, so bemerke ich nur, dass es dieselbe Akademie ist, welche neun Jahre lang nach dem Erscheinen von Chladnis Buche über den kosmischen Ursprung der Meteorit noch die Behauptung des Fallens von Meteorsteinen für einen Wahnsinn erklärte, dann aber doch, freilich erst nach neun Jahren, durch einen — Postknecht sich von der Unrichtigkeit ihrer bisherigen Meinung überzeugen ließ. Ihr Trost waren damals folgende Sätze: „Der Dumme glaubt,“ „der Halbgebildete entscheidet,“ „der Gebildete prüft,“ gewiss ein leichter Trost für solche Irrtümer (Quenstedt, Klar und Wahr S. 287).

Wenn sich Herr Rzehak auf das Urteil der Comptes rendus beruft, so muss ich beifügen, dass das Mitglied der Pariser Akademie, Herr Daubrée, (nicht Dumas) welcher mein Werk entgegennahm, mir erwiderte: er habe durch Schmelzung ähnliche Formen, wie ich in den Chondriten fand, erhalten; auf meine Bitte um Mitteilung eines solchen Schmelzprodukts aber erhielt ich weder Antwort noch viel weniger ein solches Produkt: ein Verfahren, welches nicht für die Richtigkeit einer Behauptung spricht.

Herr Daubrée hat in seinem Buche „Experimentalgeologie“ S. 386 den Meteorstein von Knyahynia abgebildet, freilich sehr wenig genau. Dass die Einschlüsse Strukturen haben, hat er übersehen, aus dem einfachen Grunde, weil alle seine Untersuchungen mit Pulvern und Schmelzen der Steine anfingen.

Auch die Akademie von 1800 hatte noch Hunderte von „Arguments physiques et moraux“ gegen den kosmischen Ursprung der Meteorit, eine Ansicht, welche, wenn sie heute wiederholt würde, auch keinen anderen Erfolg, als den des Gelächters hätte.

Herr Rzehak aber hat „Arguments physiques et moraux“ gegen meine Arbeit, welche ich nun des Näheren erörtern will.

Er bestreitet vor allem meine Definition des organischen Wesens, indem er zwei Merkmale meines Begriffs, nämlich: „geschlossene Form“ und „wiederkehrende Form“ für sich allein nicht hinreichend lässt, um den Beweis des Vorhandenseins eines Organismus zu führen. Da ich aber fünf zusammengehörige Merkmale für den Beweis eines organischen Wesens fordere, so habe ich selbst diese beiden Merkmale allein für unzureichend zum Beweis erklärt: als Argument gegen mich ist dieser Einwurf also kein ehrlicher.

Mit den Einwürfen 3, 4 und 5 will der Verfasser der Kritik die Struktur der Chondrit aus der der Minerale erklären, wobei er sich gelegentlich auf Gümbel bereust.

Auf die einzelnen Beweise, sowohl den negativen, dass man es nicht mit Mineralbildungen, als auf den positiven, dass man es mit wirklichen Organismen zu tun habe, findet es Herr Rzehak einzugehen nicht nötig: auch meine 32 photographischen Tafeln existieren für ihn nicht. Dass diese denn doch für sich schon ihre Bedeutung haben, dafür berufe ich mich auf das Urteil der ersten Autorität auf dem Gebiete der Mineralstruktur, welches solgendermaßen lautet: „Mag auch die Deutung sein, welche sie will, jedenfalls muss Ihr Buch als ein ausgezeichnetes Prachtwerk über die Meteoritenstruktur gelten, dessen Tafeln für Jedermann von dem größten wissenschaftlichen Nutzen find.“

Was ist aber das Beweismaterial des Herrn Rzehak? Ein (!) Mineral, das er nicht einmal zu bestimmen vermag — ein Beweis, dass entweder das Mineral ganz unsicher und daher kein Beweismaterial oder Herr Rzehak kein Mineraloge ist. Für letzteres spricht, dass ihm sein (?) Mineral als Unikum erscheint, während allerdings bei Feldspat eine Art Höhlung (in Folge der Zersetzung) eine ganz gewöhnliche Erscheinung ist. Es hätte hier dieses dunkeln Kristalls gar nicht bedurft, Herr Rzehak hätte sich geradezu und kurzweg auf diese Tatsache berufen können, nur freilich würde ich ihn dann auch auf den Unterschied zwischen Mineral und Organismus hingewiesen haben. Von diesem (?) Mineral giebt Herr Rzehak keine Abbildung, so dass sich die Leser ein Bild davon machen, dass sie selbst urteilen können.

Von dem Allem ist keine Rede. Man schließt a priori, wo Tatsachen vorliegen, man bereust sich auf Minerale, welche niemand sehen und vergleichen kann, und macht sich luftig über Dinge, welche man offenbar nicht kennt.

Wenn ich Herrn Rzehak ein Urteil in der Sache zugestehen wollte, müsste er mich versichern können, dass er mein Material kennt oder ebenso viel Material wenigstens gesehen hat, als ich. Doch zur Sache!

Mein Beweis ist zunächst ein negativer, d. h. der Beweis, dass eine Mineralstruktur nicht vorliegt: und dann ein positiver, dass die Formen der Meteorit nach Analogie anerkannter Organismen dies auch find.

Der erste Beweis, der negativ mineralogische, ist (wie ich sagte) in der Kritik ganz übergangen. Ich hätte vor allem eine Widerlegung dieses Teils erwartet, weil dieser jedermann zugänglich ist. Ich kann mich hier auf mein Buch der Meteorit (Chondrit) S. 20 f. berufen, und bitte dort nachzulesen.

Nun möchte ich nur die eine Frage von dem Herrn Rzehak, wenn er ein Mineraloge ist, beantwortet hören: Wie ist es möglich, dass ein oder zwei Minerale, aus welchen die Chondrit nach der allgemeinen Annahme bestehen, Minerale aus demselben Steine (von etwa fünf Zentner), also unter den gleichen Verhältnissen entstanden und gebildet, alle die Hundert Strukturformen zeigen, welche ich in meinem Werke abgebildet habe? Und diese Strukturen könnten jetzt um 25 noch vermehrt werden.

Eine Antwort auf diese schon in meinem Buche aufgestellte Frage hat Herr Rzehak nicht gegeben: er begnügt sich, Gümbel anzuführen, der in Eis (Hagelkörnern) ähnliche Strukturen wie in den Chondriten gefunden zu haben glaubte. — Es wäre in der Tat schon ein großes Wunder, wenn Eis- und Enstatit-Kristallit gleich Aufsehen. Dass es scheinbar stenglige Strukturen in Eis, dass es viele stenglige Mineralaggregate gibt, ist sicher, nur besteht eben der Unterschied, dass in den Chondriten nicht bloß Bruch- (optische) Linien find, sondern wirklich substanzielle, von einem zweiten Mineral gebildete Wände; dass diese „Stengel“ nicht wirr durcheinander liegen, wie das (?) Mineral des Herrn Rzehak, sondern ganz regelmäßig aneinander geordnet find, und zwar exzentrisch und nicht konzentrisch, und dass ferner ein Teil nicht eine Kugel, sondern einen platten Fächer von Röhren bildet. Der Kernpunkt meiner Beweisführung, der Schlüssel meiner Stellung, find aber die regelmäßigen Strukturen im Großen und kleinen, die Regelmäßigkeit derselben, welche die Annahme eines Naturspiels absolut ausschließt.

Ich habe deshalb eine Anzahl solcher mit höheren Vergrößerungen, wie Taf. 9, 15 gegeben; auch habe ich in den Texten noch ergänzt, was ich wenigstens durch die Photographien bei so hohen Vergrößerungen nicht mehr zeigen konnte.

Was der Verfasser gegen diese photographischen Bilder aus seiner Beobachtung gegen die Struktur der Chondrit anführt und beschreibt, ist, wie oben schon ausgeführt, ein Mineral mit einem Fragezeichen; er hält es für Feldspat. In einem Mineral (welches? weiß der Herr Verfasser ja selbst nicht), hat er „säuligen Bau“ beobachtet. Aber wohl gemerkt, er fand erstens nicht runde Säulen, wie meine Formen find, sondern geradlinige Umrisse. Ebenso gut und weit einfacher hätte er sich auf die Basaltsäulen zum Gegenbeweis berufen können.

Die Tatsache, dass meine Strukturen runde Röhren find, wird entweder von Herrn Rzehak übersehen oder verschwiegen, und beides wäre notwendig, letzteres doppelt notwendig zu sagen gewesen, weil mein Buch, wie der Herr Verfasser selbst sagt, nur in wenigen Händen ist, seine Kritik aber in viele Hände kommt. Also Röhren!

Zur Widerlegung meiner Ansicht hätte gehört, dass er in seinem (?) Mineral Röhrenstruktur nachgewiesen hätte. Dass es Kristall-Aggregate, Kristalle mit geradlinigen Umrissen gibt, dazu bedarf es keines Minerals mit einem Fragezeichen: das weiß jedermann, selbst der Laie. Dass es aber Minerale (und nicht Aggregate) gibt, welche ganz aus runden Röhren bestehen, das habe ich weder gehört, noch gelesen, noch gesehen.

Ein bloßes Mineral hat überhaupt keine Struktur, es kann sich bloß in Folge von mechanischer Gewalt oder chemischer Zersetzung eine Art Struktur nachbilden, aus welcher rückwärts auf das ursprüngliche Mineral geschlossen wird. Also die Beobachtung an dem Feldspat in Frage trifft hier überhaupt nicht zu.

Was die Kristallsäulen von den runden Röhren der Chondrit unterscheidet, habe ich in meinem Buche angeführt: es find Substanzen, welche die Röhrenwände bilden und dabei eine Füllmasse, also zwei Minerale, welche die Röhren ausmachen, während die Kristallsäulen nur aus Einem Mineral bestehen und nur durch Sprünge (also optische Linien) sichtbar werden. Weiteres find diese „Säulen“, wie Herr Rzehak zugibt, nicht radial angeordnet, wie die der Chondrit, sondern wirr, und es bedurfte nur eines Blickes in das Polarisations-Mikroskop, um den Unterschied beider Bildungen sofort im vollen Lichte zu zeigen. Überdies kommen, wie ich oben anführte, fächerartig gelagerte Röhren vor: und zwar bloß aus einer Reihe Röhren gebildet, die streng (ex-)zentrisch aneinandergelagert find. Freilich ist es eine leichte Sache, mit solchen Objekten und solchen Tatsachen, wie Herr Rzehak, zu „beweisen“, mit Objekten, wobei man sicher ist, dass der Leser weder das eine Objekt des Angegriffenen noch das des Angreifers zu Gesicht bekommt; solche Dinge liest sogar der Fachmann in gutem Glauben vor, und übersieht leicht die Unterschiede, weil er auch nicht einmal das Buch des Gegners vor sich hat. Eine solche Beweisführung ist entweder unverzeihlich oberflächlich — oder — (wenn wissentlich) eine unehrliche.

Nun wird drittens, um auch die feineren Strukturen, die „favositoiden“ Kanäle mineralogisch zu erklären, oder richtiger, um mir eine Täuschung auch in dieser Richtung nachzuweisen, sich auf Glas-Einschlüsse in dem (?) Mineral berufen, welche den Eindruck eines Querkanals, und wo sie sich aneinanderreihen, den eines Hohlraums machen können.

Nun habe ich aber in meinem Buche gesagt und gezeigt, dass die Kanäle der Meteoriten-(Favositen) in völlig gleichen Abschnitten stehen, nicht Glas-Einschlüsse sind, und will hier nachtragen, dass dieselben auch im Querdurchschnitt und zwar hier nicht als Punkte, sondern als deutliche Querkanäle vorhanden sind, dass sie also nicht eingesprengte Minerale (Punkte), sondern wirklich ganz unzweifelhafte Röhrchen (Sprossenkanäle der Favositen) sind. Hienach kann von runden Glas-Einschlüssen als Gegenbeweistatsache durchaus nicht mehr die Rede sein. Noch kein Forscher, welcher meine Objekte gesehen, hat dem, was ich für Sprossenkanäle (Perforationen) erklärte, den Einwurf gemacht, dass es bloße Einschlüsse seien.

Hier muss ich noch weiter gehen und auf den größten Fehler aller Kritik über fremde Beobachtungen hinweisen: er besteht darin, dass man überhaupt Beobachtungen Dritter kritisiert, ehe man das Beobachtungsobjekt des Gegners gesehen hat.

Und gerade für den vorliegenden Fall musste ich wenigstens darauf bestehen, dass die Kontrolle an Schliffen von Knyahynia ausgeführt wird.

Ich kann den Herrn Verfasser versichern, dass ich schon Hunderte und Taufende von Glas-Einschlüssen gesehen habe, aber kein Gestein hat nur entfernt das gezeigt, was ich in den Chondriten beobachtet habe. Hier find es bei einer Vergrößerung von 1000 nicht etwa Magnetitkörner, wie sie auch in den Meteoritgesteinen häufig vorkommen, nicht beliebig geformte Glas-Einschlüsse, sondern kreisrunde, zuweilen elliptische geformte Flächen mit einer Wand, wenigstens mit einer dunkler gefärbten Masse zwischen dem Kreis und dessen Umgebung; ferner liegt dieser Kreis häufig sogar in einer Vertiefung (was man schon auf Taf. 15 angedeutet sieht): die „Perforationen“ finden sich nur in Röhren und schließlich ist die Wand der Zollwände noch seitlich durchbohrt von den Kanälen, welche symmetrisch und in gleichen Abständen zu denjenigen stehen, welche man im Querdurchschnitt als Punkte sieht. Diese Seitendurchschnitte find in der Form Taf. 8 bei 300-facher Vergrößerung schon ganz deutlich. Das ist denn doch etwas anderes als eine Einstreuung oder ein Einschluss.

Nun kommt der Herr Verfasser zum Schluss viertens an die Erklärung der Querscheidewände. Auch hier ist seine Kritik nicht minder unzutreffend. Er beruft sich darauf, dass die Enstatitkristalle Querbrüche zeigen.

Das ist mir wohlbekannt. Ich habe aber in meinem Buche diesen Einwand sowohl, was die Erklärung der Röhren, Lamellen aus Blätterbrüchen, als was die Erklärung der Querscheidewände aus Quersprüngen betrifft, erörtert, und darauf hingewiesen, dass beide, Blätterbruch und Quersprünge, bloß optische Erscheinungen seien, während die Zellenscheidewände der Organismen und gerade die Querscheidewände in meinen Formen aus besonderen Substanzen aufgebaut find. Ich habe deshalb, um das Bild von bloßen Brüchen und Scheidewänden zu zeigen, einen terrestrischen Enstatit (Texas), der bloß Mineral ist, abgebildet, wo diese Brüche als schwarze Linien hervortreten.

Nun stimmt aber der Enstatit aus dem Meteorstein von Bishopsville, welcher ebenfalls reines Enstatitmineral ist, in seinem Bilde mit dem von Texas Taf. 1, Fig. 2 (also ein meteoritischer Enstatit mit einem terrestrischen Enstatit) so vollkommen überein, dass sich beide Bilder nicht unterscheiden lassen. Hat der meteoritische Enstatit, wo er bloß als Mineral austritt, dieselbe Struktur, wie der terrestrische — so folgt daraus auch, dass, wenn in die meteoritischen Minerale ganz andere Strukturen auftreten, letztere eine besondere (nicht in dem Mineral gelegene) Ursache haben müssen.

Hier muss ich noch eine freilich längst bekannte Tatsache anführen.

Wo ein Organismus „versteinert“ wird, tritt ein Mineral an die Stelle der organischen Stoffe. Es mag etwas von der ursprünglichen Substanz zurückbleiben, wie z. B. die Kieselgerüste der Schwämme. Doch das kommt hier nicht in Betracht. Gewöhnlich wird die ganze Substanz umgeformt, jedenfalls Hohlräume wieder ausgefüllt. Das umwandelnde Mineral ist Mineral und bleibt es, hat als solches seine Eigenschaften, sie können sich in der Art an die Stelle des ursprünglichen Organismus drängen, dass nur dessen äußerste Umrisse erhalten bleiben, während die ganze Form mit dem Mineral ausgefüllt ist. Dort liegt also nun z. B. Kalkspat mit seinen drei Blätterbrüchen, an der Stelle des ursprünglichen Cidaritenstachels in der Form desselben, wie ihn Quenstedt, „Epochen der Natur“, S. 558 zeigt. Dieser Cidaritenstachel ist seiner Substanz nach reinem Kalkspat und zeigt an seiner Oberfläche nur eine etwas dunkler gefärbte Substanz, jedoch ganz vollkommen erhaltene Umrisse, so dass niemand bloß Kalkspat mit Blätterbrüchen darin vermutete. Ganz so ist zum Teil die Art der Versteinerung in den Chondritorganismen. Außen Enstatit, innen Olivin. Aber auch da, wo die Strukturen erhalten find, find sie nur mit dem Mineral ausgefüllt und dieses hat alle seine gewöhnlichen physikalischen Eigenschaften. Notwendig also treten die Mineraleigenschaften (Mineral-Strukturen) zu den Überbleibseln der organischen Masse und Struktur und deshalb wird es immer so sein: Wenn man bloß der ersteren erwähnt, — der mineralogischen Erscheinungen — so wird der Widersacher, der behauptet, es ist bloß Mineral — für den Augenblick wenigstens recht behalten. Sobald man aber eine Erklärung der wirklich organischen Strukturen von ihm verlangt, wird ihn seine Kunst verlassen. Freilich behilft er sich dann gern mit allgemeinen Redensarten, z. B. „erinnert doch“, „ist analog, wenn auch nicht gleich“, „zeigt Verwandtschaft“ und dergleichen. Solche Redensarten haben, wo wirklich eine Analogie da ist, eine Berechtigung. Aber auch die Analogie hat ihre wissenschaftliche Grenze, sonst könnte schließlich eine Taube auch an einen Dachziegel „erinnern“. Hier muss dann eben die genaueste Beobachtung der Merkmale und Vergleichung im Einzelnen eintreten. Hinsichtlich der Meteoritformen aber könnte als Analogie nur der terrestrische Enstatit und Olivin zugelassen werden, keineswegs aber Eis, ein beliebiger Feldspat zc.: streng genommen aber muss, sobald Enstatit- und Olivinstruktur in den Meteoriten wie in den terrestrischen Vorkommnissen vorhanden ist, eine Berufung auf andere Minerale wegfallen: hier beweist die Analogie gerade selbst sofort, dass man es nicht mit Mineralstruktur zu tun hat. Auch auf die Verschiedenheit der Aggregatzustände der Minerale kann man sich nicht berufen, wo es sich bloß um Ein Mineral handelt, und jedenfalls, wenn in einem Kubikzentimeter vielleicht 50 verschiedene Formen gefunden werden, könnten äußere Ursachen nicht der Grund der verschiedenen Struktur, „Aggregatzustände“ eines und desselben Minerals sein: aus dem einfachen Grunde, weil hier ein und dieselbe Ursache auf ein und dieselbe Substanz einwirkt, auch die vorhandenen Formen nicht etwa als Stufenfolgen der Kristallitenbildung angesehen werden könnten, denn sie find nahezu alle gleich entwickelt. Was aber schließlich den Aufschlag gibt, ist eben die Tatsache, dass kein Forscher meine Formen für Kristalliten wird erklären können, alles find hier Kurven, nirgends Winkel und selten gerade Linien. Jedenfalls wird kein Forscher zugeben, dass man mit einem einzigen zweifelhaften Mineral, welches überdies in allen seinen Erscheinungen nach der eigenen Beschreibung grundverschieden von meinen Formen ist, welches (ich fasse hier die Unterschiede noch einmal zusammen) andere Umrisse zeigt, nämlich geradlinige Umrisse, statt Kreisdurchschnitte, welches ferner Sprünge statt Zellenwände und Querwände (vergl. insbesondere Taf. 9, Taf. 11 Fig. 1 meines Werkes) — welches Säulen hat, die nicht radial geordnet find, statt der streng radial geordneten Röhren meiner Formen — welches Glaseinschlüsse ohne allen regelmäßigen Abstand hat (solche hat der Verfasser an seinem Mineral nicht wahrgenommen, sonst würde er es sicher gesagt haben), während meine Formen solche zeigen —: kein Forscher, sage ich, wird zugeben, dass man mit solchen Beobachtungen und Tatsachen erklären und daher auch nicht, dass man mit solchen widerlegen kann.

Nun ich hoffe von der deutschen Wissenschaft, dass sie sich durch solche Gründe von der wirklich gründlichen Prüfung, welche die Sache nach meiner bisherigen Arbeit doch sicher verdient, nicht abschrecken lassen wird. Es ist wahrhaftig viel geringeren Objekten in der Mikrogeologie und Mineralogie so viel Ehre angetan und Mühe zugewendet worden: ja man darf sagen, bis zur Gedankenlosigkeit oder wenigstens soweit, dass sich über die Beobachtungen selbst nichts mehr denken ließ. In den Meteoriten und speziell Chondriten aber ist uns das Gestein erhalten, welches über die Planetenbildung und daher auch über die Bildung unserer Erde den einzig sicheren Aufschluss gibt. Dass ihre Untersuchung eine höchst notdürftige war, das zeigt schon die Vergleichung des bisher Veröffentlichten mit meinen Tafeln.

Der äußere Grund liegt wohl in der Seltenheit, der Kostbarkeit des Materials. Doch die Sparsamkeit in der Wissenschaft hat ihre Grenzen; lässt man die Meteoriten, so wie sie heute in den Sammlungen liegen, so find sie ein toter Schatz. Auch ist nicht zu fürchten, dass sie ausgehen; es fallen immer wieder.

Ist nun auch allerdings jeder Fall ein Unikum, so ist sein Wert eben doch auch wieder ein relativer, ein Wert nur, wenn man weiß, was man hat. Man opfere nur, wie ich es aus privaten Mitteln getan habe, etwas, und die Sache wird bald entschieden sein, wer Recht hat, ich, der gesehen hat, oder Herr Rzehak, der nichts gesehen hat.

Die Entgegnungen auf die zoologischen Einwürfe überlasse ich meinem Freunde Dr. Weinland.

Ich erlaube mir aber nur einen Satz des Herrn Rzehak herauszuziehen.

„Undeutliche Gewirre kleiner Kristallleistchen hält Herr Dr. Hahn für Nadelgerüste von Spongien.“

Darunter versteht der Herr Verfasser wohl die Abbildungen Taf. 8 meines Werkes. Gerade durch diese wurde ein Zoologe von bestem Namen überzeugt — denn was Herr Rzehak in meinen Abbildungen nur als Nädelchen sieht, hat noch eine Struktur, und zwar eine sehr gute.

Jede Nadel hat einen scharf geschnittenen Hohlraum wie die Spongiennadeln. Ich fetzte diese Form unter die Abbildungen in der gewiss berechtigten Voraussetzung, dass sie von anderen Forschern, besonders von solchen, welche eine Kritik schreiben wollen (falls sie nicht die Objekte sehen wollen), im Gestein aufgesucht würden.

Die Schlussfolgerung, dass die Formen, wenn sie wirklich unsere terrestrischen Organismen gleich sein sollen, unter gleichen Voraussetzungen sich aufgebaut haben müssten, was augenscheinlich nicht der Fall sei, ist eben eine viel zu allgemeine Hypothese.

Hier entscheidet in erster Linie die Tatsache und wenn diese da ist, muss das Gesetz eingeschränkt werden. Doch ist auch der Satz des Herrn Verfassers selbst unrichtig. Was heißt in der Natur „gleiche Voraussetzung“?

Wir haben Kalamiten im Kohlengebirge und lebende, und doch find gewiss hier nach geologischen Begriffen wenigstens nicht dieselben Voraussetzungen vorhanden, aber dieselbe Sache nur in anderem Maßstab. Aber die Formen der Meteoriten find auch nur in ihrer allgemeinen Anordnung den terrestrischen gleich. Im großen Verhältnis z. B. unterscheidet sie sich sehr wesentlich: und das mag nun eben auf verschiedenen Voraussetzungen (Ursachen) ausgelegt werden. Dann haben wir die Ursache der Übereinstimmung, sowie der Unterscheidung.

Solche Sätze, sage ich, in der Allgemeinheit, wie sie der Herr Verfasser aufstellt, entscheiden nichts. Würden sie aber doch in dieser schrankenlosen Allgemeinheit gelten, so kann ich mit demselben Rechte den Ausführungen des Herrn Verfassers folgenden Satz entgegenstellen:

„Wenn die Chondrit, wie allgemein zugegeben, aus Enstatit und Olivin bestehen, so müssen, wenn sie nichts als Minerale find, unsere terrestrischen Olivine und Enstatit dieselben Strukturen zeigen, wie die meteoritischen, was bis jetzt wenigstens keineswegs zutrifft.“

Es läge also hier für zwei ganz verschiedene Tatsachen (Wirkungen) ein und dieselbe Ursache vor und da dies nicht möglich ist, schließe ich, und ich glaube mit demselben oder noch besseren Recht, als der Herr Verfasser, auf eine weitere Ursache der Bildung von solchen, welche außerhalb des Minerals liegt, welche die organische ist.

Was die allgemeinen Sätze über die Art der Schöpfung und insbesondere der Meteoritenschöpfung betrifft, so find diese erst zu erörtern, wenn die Vorfrage ob Organismen (?) entschieden ist. Diese lässt sich aber nicht mit einem (?) Kristall entscheiden, wenigstens kann dieser (?) Kristall, welchen überdies kein Dritter sehen, also sich auch nicht entscheiden kann, ob er auch das wirklich zeigt, was der Herr Verfasser von ihm sagt, etwas gegen meine photographischen Tatsachen beweisen. Zieht man aber diesen (?) Kristall, und zwar mit Recht von der Rechnung des Herrn Verfassers ab, so bleibt von seiner ganzen Ausführung nichts übrig, als allgemeine Sätze, deren Anwendbarkeit sehr fraglich ist, weil wir eben über die „Voraussetzungen“ welche wir gleich nennen, sehr im Unklaren find.

Ich kann gegen die Ausführungen des Herrn Verfassers mich kurz auf die besten Bearbeitungen der Kristallit von Vogelsang, herausgegeben von Zirkel (Bonn 1875) berufen. Dieser gründliche Forscher hat merkwürdige Formen abgebildet, welche man mit den meteoritischen vergleichen könnte, wenn, was er ausdrücklich hervorhebt, eine einzige da wäre, welche Struktur zeigte.

Eine solche ist nicht da. Dadurch unterscheiden sich Kristalliten von Organismen.

Was der Herr Verfasser etwa für sich anführen könnte, wäre die Abbildung Vogelsangs in dessen Philosophie der Geologie Taf. V, Mikrolithen-Konkretionen in gewöhnlichem grünem Glase.

Allein die großen und gerade erheblichsten Unterschiede treten auch sofort hervor — keine Wände — regellos gelagerte Einschlüsse. — Man nehme auch das Polarisationsmikroskop dazu, und niemand wird meine Korallen Taf. 8, 9, 11, Fig. 1 mit irgendeinem stengligen Mineral-Aggregat in Zusammenhang bringen.

Immerhin bleibt es freilich der nächste Einwurf, dass die 6-8 Minerale, welche unsere sämtlichen irdischen Gesteine konstituieren, nicht nur selbst, freilich nur oberflächlich betrachtet, sehr verschiedene Bilder zeigen, sondern auch in ihren Aggregatzuständen zu den verschiedensten Formen führen. Wer aber wirklich einen Gegenbeweis erbringen will, darf sich auch mit solchen allgemeinen Sätzen nicht begnügen: es würde dies einfach zuviel beweisen; allen Petrefakten würden damit wieder in das vierte Reich der Naturspiele zurückgeführt. Die Entscheidung ist also bloß im einzelnen Fall möglich. Aber es muss zunächst in Betracht und abgezogen werden, dass jede Versteinerung notwendig zugleich die Eigenschaft des Minerals, in welches sie verwandelt ist, also auch feine Strukturform noch neben der ursprünglichen organischen Struktur zeigen muss. Deshalb find Mineralerscheinungen kein Gegenbeweis gegen organischen Ursprung. Dieser Beweis würde wie gesagt dahin führen, dass es gar keinen Petrefakten gebe. Die Frage ist nur, ob die besondere Strukturform neben der bekannten des Minerals aus demselben Mineral erklärt werden könne? — In dieser Beziehung behaupte ich von der meteoritischen Form, wenn sie genau beobachtet wird, dass dies nicht möglich ist, außer man verzichtet auf wissenschaftlich genaue Feststellung der Merkmale oder man beweist mit dem was erst bewiesen werden soll.

So kann ich dem weiteren Fortgang der Sache ruhig zusehen, die Frage ist nur, ob unsere Forscher wirklich und gewissenhaft sich die Mühe nehmen wollen, die Sache zu prüfen, was ich doch nach den Vorarbeiten hoffen darf.

Dr. Otto Hahn.