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Konzeption

lukaswiesehan edited this page Oct 4, 2020 · 44 revisions

Projektidee

Der Ursprung dieser Arbeit ist die Tatsache, dass in 3D-Druck-Werkstätten viel Kunststoff entsorgt wird, z.B. in Form von nicht mehr benötigten Prototypen oder Fehldrucken. Aus dem Gedanken, diesen Sachverhalt zu ändern, entstand die Idee, eine Anlage zu entwickeln und aufzubauen, die Kunststoffteile schreddert, die Kleinteile extrudiert und das entstandene Filament aufzuspult, sodass es für den Druck von Prototypen verwendet werden kann. So kann der Lebenszyklus des Kunststoffs mindestens um eine weitere Verwendung zur Herstellung von Prototypen erweitert werden.

Eine erste Recherche zeigt, dass es durchaus auch mit wenigen Mitteln möglich ist, einen Extruder herzustellen:

Der wesentliche Unterschied zu solchen DIY-Projekten sollen zum Einen höhere Qualitäts- und Sicherheitsstandards sein. Zum Anderen sollte die Anlage in der Lage sein, Kunststoffteile zu schreddern, sodass direkt extrusionsfähiges Granulat entsteht. Die initiale Recherche zu Schreddern zeigte allerdings, dass Entwicklung und Aufbau einer solchen Komponente den Rahmen dieses Projekts sprengen würden. So kann die grundlegende Funktionsstruktur des Systems wie folgt festgelegt werden.

Funktionsstruktur

Funktionsstruktur

Anforderungsdefinition

Nachdem das grundlegende Ziel des Projekts klar ist, können nun Anforderungen definiert werden, anhand derer der Projekterfolg beurteilt werden kann. Die Anforderungen teilen sich in die folgenden Kategorien auf und finden sich noch einmal zusammengefasst in untenstehender Tabelle.

Funktionalität

Die zwei wesentlichen Grundfunktionen der Anlage sind die Extrusion von PLA-Kunststoffgranulat zu Filament und die Wicklung desselben auf eine Rolle. Dabei sollte das Granulat durchaus einen Korndurchmesser von d = 5 mm aufweisen können. Das System soll handelsübliche Filament-Rollen aufnehmen können, welche einen Außendurchmesser von D = 200 mm und eine Breite von b = 70 mm haben. Darüber hinaus soll es einem Benutzer der Anlage möglich sein, Prozessparameter, wie Extrusionstemperatur und Wickelgeschwindigkeit anzupassen. Dadurch wird die Verarbeitung verschiedener Kunststoffe im Grundsatz ermöglicht.

Sicherheit

Um eine ausreichende elektrische Sicherheit zu gewährleisten sollen alle Bauteile mit offenen Kontakten, besonders aber Bauteile, die mit Netzspannung von 230 V~ arbeiten, in einem Gehäuse untergebracht sein. Zudem muss es einen Netzschalter geben, der das System spannungslos schaltet. Heiße Bauteile des Extruders müssen isoliert oder vor Berührung geschützt werden. Sofern heiße Bauteile des Extruders zur Erfüllung ihrer Funktion frei liegen müssen, müssen diese entsprechend gekennzeichnet werden.

Nutzerfreundlichkeit

Die Bedienung des Systems soll möglichst unkompliziert erfolgen, sodass Bedienungsfehler weitestgehend ausgeschlossen werden können. Für eine simple und selbsterklärende Bedienung soll daher eine grafische Benutzeroberfläche implementiert werden. Sofern zusätzliche Schalter notwendig sind, sollten diese beschriftet sein. Um eine einfache Inbetriebnahme zu gewährleisten, sollte es an nur eine Spannungsversorgung von 230 V~ angeschlossen werden müssen. Um auch den Betrieb so simpel wie möglich zu halten, sollte für einen Rollenwechsel kein Werkzeug benötigt werden.

Sonstiges

Um einen einfachen Transport zu ermöglichen, soll das Gesamtsystem möglichst kompakt sein. Es sollte problemlos von einer einzelnen Person getragen werden können, ohne dass Änderungen oder Demontagen vorgenommen werden müssen. Zudem sollte der Ursprungsgedanke während der Entwicklung nicht verloren gehen, sodass das System in Zukunft durch einen Schredder erweitert werden kann, der im Optimalfall direkt mit der Extrudereinheit verknüpft ist. Zudem sollten die Kosten des Systems 1500 € nicht übersteigen.

Anforderungsliste

Nachfolgend werden die oben definierten Anforderungen der Übersicht halber tabellarisch dargestellt. Die Spalte Typ enthält dabei die Unterscheidung zwischen W = Wunsch und F = Forderung.

Anforderungsliste
ID Kategorie Beschreibung Typ Quantifizierung
010 Funktionalität Extrusion von PLA-Granulat F Granulat bis d = 5 mm
020 Funktionalität Automatische Wicklung des Filaments F Rolle mit D = 200 mm und b = 70 mm
030 Funktionalität Einstellungsmöglichkeit für Prozessparameter F -
040 Sicherheit Einhausung elektrischer Bauteile F -
050 Sicherheit Netzschalter zum Trennen des Systems vom 230 V~-Netz F -
060 Sicherheit Isolation/Schutz heißer Bauteile F -
070 Sicherheit Kennzeichnung heißer Bauteile F Warnzeichen W017
080 Nutzerfreundlichkeit Grafische Benutzeroberfläche W -
090 Nutzerfreundlichkeit Beschriftete Schalter/Schaltflächen W -
100 Nutzerfreundlichkeit Betrieb über eine einzige Spannungsversorgung W 1x 230 V~ Kaltgerätestecker
110 Nutzerfreundlichkeit Werkzeugfreier Rollenwechsel W -
120 Sonstiges Transport durch Einzelperson möglich W -
130 Sonstiges Möglichkeit zur Erweiterung durch einen Schredder W -
140 Sonstiges Einhaltung des Budgets F max. 1500 €

Komponentenauswahl

Auf Basis dieser Anforderungen erfolgt nachstehend eine Auswahl von Komponenten, die sich für eine kosteneffizente Entwicklung des Systems eignen. An dieser Stelle sei bereits erwähnt, dass sich die hier gewählten Komponenten von denen des finalen Systems unterscheiden, da sich während der Entwicklung einige Schwierigkeiten herausstellten.

Extruder

Bei der Auswahl des Extruders als Kern des Systems ging es vor allem um die Einhaltung des Budgets, da eine Eigenkonstruktion inklusive Schnecke, Heizkörper und Düse den Rahmen des Bachelorprojekts überschreiten würde. Für den Gebrauch außerhalb der Industrie finden sich kaum Angebote, die nicht bereits ein vollständiges, nutzerfreundliches System, sondern lediglich den Extruder selbst beinhalten. Nach einiger Recherche stellte sich der Hersteller Felfil heraus, der mit dem Evo Basic Kit einen Bausatz anbietet, der lediglich aus den mechanischen Basiskomponenten eines Extruders besteht.

Um diesen Bausatz zu nutzen, werden noch einige elektrische Komponenten benötigt. Zum Einen müssen Heizpatronen zugekauft werden, die mit entsprechender Spannung versorgt werden müssen. Hier bieten sich 24 V-Patronen an, sodass ein 24 V-Netzteil benötigt wird. Um diese zu steuern, werden Mosfet-Module benötigt, die für entsprechende Leistungen ausgelegt sind und optimalerweise per PWM-Signal angesteuert werden können. Zum Anderen muss zum Ein- und Ausschalten des Extrudermotors ein Relais verbaut werden, das ebenfalls einfach über einen Controller angesteuert werden kann. Da im Bausatz enthaltene Extruder-Motor eine Spannung von 12 V benötigt, muss ein Spannungswandler beschafft werden, der zur Wandlung 24 V-12 V verwendet werden kann.

Neben der Aktorik des Extruders wird ein Temperatursensor benötigt, der eine Regelung des Systems ermöglicht. Hierbei muss auf einen ausreichenden Temperaturbereich geachtet werden. Wegen hoher Verfügbarkeit und breitem Anwendungsgebiet fiel die Wahl hier auf einen PT100, für den ein zusätzliches Modul benötigt wird, mithilfe dessen die Temperatur direkt an einen Controller gesendet werden kann.

Wicklungsmechanismus

Um das Filament nach der Extrusion aufzuspulen, werden Aktoren benötigt, die die Filamentrolle drehen und das Filament auf der Breite der Rolle zu positionieren. Hier kommen einfache NEMA-17 Schrittmotoren zum Einsatz. Zur Positionierung des Filaments auf der Breite der Rolle wird ein Sensor benötigt, der zum Referenzieren der Motorposition verwendet werden kann. Der Einfachheit halber wurde hier ein günstiger optischer Sensor gewählt. Zur Steuerung der Schrittmotoren werden außerdem zwei Schrittmotortreiber benötigt, die für den Spannungsbereich von 24 V ausgelegt sind.

Steuerung

Für die Steuerung der Anlage wird ein Mikroprozessor oder Computer benötigt, der optimalerweise über I/O-Schnittstellen verfügt, mithilfe derer z.B. die Schrittmotortreiber und Mosfets angesteuert werden können. Im Wesentlichen stehen hier der Raspberry Pi und diverse Arduinos zur Auswahl. Die Wahl fiel hier auf einen Raspberry Pi 3B+, da die Steuerung hierauf zum Einen in Python entwickelt werden kann. Zum Anderen bietet der Raspberry mit seinem integrierten WiFi-Modul die Möglichkeit, eine Benutzeroberfläche bereitzustellen, die über einen Computer aufgerufen werden kann, der sich im selben Netzwerk befindet. Da der Raspberry über USB/5V versorgt werden muss, wird ein zusätzlicher Spannungswandler LM2596S zur Wandlung 24 V-5 V benötigt. Zur Verbindung des Raspberry mit dem Spannungswandler wird ein MicroUSB-Stecker verwendet.

Sonstiges

Zum Anschluss des Systems an das 230 V-Netz werden ein Kaltgerätekabel und eine entsprechende Kaltgerätebuchse benötigt. Es werden außerdem diverse Kabel benötigt, um das System zu verdrahten. Diese werden hier nicht aufgelistet, da sie als Meterware oder als vorgefertigt mit Steckern erworben werden können und hier keine besonderen Anforderungen gelten. Ein mögliches Gehäuse soll erst nach erfolgreicher Entwicklung der Funktionalität des Systems entworfen werden.

Stückliste

Aus der soeben beschriebenen Komponentenauswahl ergibt sich folgende initiale Stückliste.

Stückliste
Anzahl Bezeichnung Preis
1x Felfil Evo Basic Kit 299,00€
3x 24 V-Heizpatrone 4,50€
1x 24 V-Netzteil 60,43€ 
3x Mosfet-Modul IRF520  4,29€ 
1x  Relais-Modul KY-019 4,99€
1x Spannungswandler XL4016 8,49€
1x  PT100 Temperatursensor 15,03€
1x Adafruit MAX31865 PT100-Modul  19,34€ 
2x  NEMA-17 Schrittmotoren  27,20€
2x Schrittmotortreiber  9,65€ 
1x  Optischer Endschalter 2,51€ 
1x  Raspberry Pi 3B+ 40,93€
1x  Spannungswandler LM2596S 9,87€
1x MicroUSB-Stecker  4,20€ 
1x  Kaltgerätebuchse 6,39€
1x  Kaltegeräte-Anschlusskabel  4,86€

Die Kosten dieser Auswahl an Komponenten summieren sich auf 576,11€

Hinweis: Es handelt sich um eine initiale Stückliste. Während der Entwicklung ergaben sich einige Änderungen - die finale Stückliste findet sich auf der Startseite des Repos.